Die Pionier-Phase des Sommertheaters

Ab 1949

Unter sowjetischer Besatzung begann, was bis heute das überregionale Renommee des Burgenlandes als Kulturland ausmacht: die Aufführungen unter freiem Himmel. Die Burgen von Stadtschlaining, Güssing und Forchtenstein waren die ersten Schauplätze, aufgeführt wurden eigens verfasste Dramen zu lokalen historischen Ereignissen, die „über das Erkennen der Geschichte zum Bekennen zu ihr und zum Burgenland führen [sollten],“ so Franz Probst. Theater galt also auch zu Beginn der Zweiten Republik als Mittel, ein „Landesbewusstsein“ zu wecken und zu fördern. Vor allem aber sollten die Freilichtaufführungen auf Burgen und Schlössern historische Herrschaftsbauten und im Besonderen den „Fremdenverkehr“ beleben. 

Stadtschlaining

Burgspiele in Stadtschlaining gab es von 1949-1953. Amateurschauspieler:innen in historisierenden Rüstungen und Kostümen zeigten Stücke zur historisch verbürgerten Persönlichkeit Andreas Baumkircher, im ausgehenden Mittelalter Freiherr von Schlaining und kaiserlicher Heerführer. Als Autorin der Baumkircher-Dramen engagierte sich auch Erika Spann-Rheinsch (1880-1967), die mit ihrem Ehemann, dem Nationalökonomen und Theoretiker des österreichischen Ständestaates, Othmar Spann (1878-1950), im sogenannten „Antimon-Schlössl“ in Neustift bei Schlaining lebte.

Burgspiele Schlaining, Szene aus „Die Bauern von Schlaining“ von Franz Propst 1953 (Quelle: Burgenländisches Landesarchiv, Fotosammlung)

Burgspiele Schlaining, Szene aus „Die Bauern von Schlaining“ von Franz Propst 1953 (Quelle: Burgenländisches Landesarchiv, Fotosammlung)

Güssing

Vom anfänglichen Erfolg der Burgspiele Schlaining animiert, spielte ein Güssinger Amateurtheaterensemble erstmals 1950 unter freiem Himmel auf der Burg. Autor und Regisseur der Burgspiele Güssing war der Eisenstädter Mittelschullehrer und Schriftsteller Paul Rauchbauer (1909-1986). Sein Stück „Iwein der Mächtige“ über einen Güssinger Burgherrn verstand er als „Auseinandersetzung mit dem Hitler-Regime und dem Übermenschen, der kein Maß kennt.“ Nach den Aufführungen 1956 sah sich Rauchbauer außerstande, weiterhin Themen aus der Geschichte Güssings zu dramatisieren und es mangelte an Interesse und finanzieller Unterstützung seitens der Kulturabteilung. 38 Jahre später kehrte „Iwein der Mächtige“ als Theaterfigur wieder auf Burg Güssing zurück. Ein nächstes Aus für die Burgspiele, die ab 2006 auf einer Wiese unterhalb der Burg stattfanden, gab es 2023 – diesmal wohl endgültig, falls es nicht gelingt, den Verein in neue Hände zu übergeben.

Forchtenstein

Burg Forchtenstein war im Unterschied zu Burg Güssing für Busse und PKW gut erreichbar. Die erstmals 1954 stattfindenden Burgspiele wurden von der Landespolitik unterstützt und Franz Probst verfasste vier –  auf die lokale Geschichte und Sagen Forchtensteins bezogene –Dramen, in denen er Elend und Unterdrückung leibeigener Bauern thematisierte. Neben den Kräften der Landesbühne wurden für die Hauptrollen „Stars“ wie Senta Wengraf oder Wolfgang Gasser herangezogen, für die Massenszenen Amateurschauspieler:innen eingesetzt. Mehr als 100 Personen belebten die Holzbühne im Burggraben. „Weil von Franz Probst kein Stück mehr zu erlangen gewesen war,“ so Otto Kery rückblickend, war die Landesbühne bei den Burgspielen 1958 nicht mehr dabei. 1959 übernahm Kammersänger Herbert Alsen (1906-1978) und zeigte eine Inszenierung von Goethes „Götz von Berlichingen“. Deus ex machina für die Burgspiele war Alsen nicht, hatte er doch zwei Jahre zuvor die See(fest)spiele Mörbisch gegründet und zum Erfolg geführt. Beide Spielstätten wurden nun seiner Intendanz unterstellt und als „Burgenländische Festspiele“ organisiert und propagiert. Die Bühne wurde gedreht und auf 65 Meter verbreitert, die Zuschauertribüne mit 1400 Sitzplätzen (später 932) stieg aus dem Burggraben heraus. „Aber noch wichtiger ist“, so Architekt und Bühnenbildner Ferry Windberger (1915-2008) in der „Burgenländischen Freiheit“, „daß nun die Besucher den Zuschauerraum sehr bequem, vom Parkplatz aus, erreichen können.“

Burgspiele Schlaining, Szene aus „Die Bauern von Schlaining“ von Franz Propst 1953 (Quelle: Burgenländisches Landesarchiv, Fotosammlung)

Szenenfoto aus „Die Bauern von Schlaining“ 1953. Im letzten Jahr der Burgspiele ergänzten Darsteller:innen von Otto Kerys „Landesbühne“ das Laien-Ensemble. (Quelle: Burgenländisches Landesarchiv, Fotosammlung)