Das Passions­spiel St. Margarethen

Vom Beginn 1926 bis heute

Ging es beim Vereinstheater der Ersten Republik um Geselligkeit und Unterhaltung, aber auch um „Erbauung“, kam bei Schauspielen mit biblischen Themen ein weiterer Impetus hinzu – religiöses (Sendungs-)Bewusstsein und gläubiger Eifer der Spielleiter und Spieler:innen. Die Tradition „geistlicher Spiele“, ursprünglich Bestandteile der christlichen Liturgie, reicht bis ins Mittelalter zurück und war auch hierzulande bis in die Zwischenkriegszeit hinein verbreitet. Von den erstmals 1634 aufgeführten Passionsspielen Oberammergau führten rund 300 Jahre später Fäden auch ins burgenländische St. Margarethen. Pfarrer Josef Kaindlbauer hatte als junger Kaplan die Spiele in Oberammergau gesehen und brachte von der Aufführung eines Passionsspiels 1926 in Großhöflein den Text nach „Magredn“ mit. Jungbauer Emmerich Unger studierte die Leidensgeschichte Christi mit Jugendlichen ein und übernahm die Christus-Rolle. Im Juni 1926 wurde das Passionsspiel erstmals auf dem Bauernhof seiner Familie aufgeführt. Seit 1929 wurde im neuen Pfarrgemeindehaus gespielt, in dessen Bau auch Erlöse aus den Passions- und anderen Aufführungen geflossen waren. Im „Heiligen Jahr“ 1933 legten die Spieler:innen das Gelöbnis ab, die Passion alle zehn Jahre aufzuführen, „um sich die Gnade für ein neues, erweitertes Gotteshaus zu erwirken sowie zur religiösen Erneuerung der Pfarrgemeinde und des Heimatlandes.“ Dem Gelöbnis entsprechend wurde die Passion 1936, gleich nach dem Krieg 1946 sowie im Jahr des Volksaufstandes in Ungarn 1956 gespielt. Mit der Erweiterung der Pfarrkirche konnte 1959 begonnen werden.

Emmerich Unger, Spielleiter und erster Christus-Darsteller der Passionsspiele St. Margarethen (Foto: Georg Kugler)

Szene „das letzte Abendmahl“, Passionsspiele 1933

Anlässlich der Ernennung der bisherigen Apostolischen Administratur Burgenland zur Diözese Eisenstadt 1960 und des Jubiläums 40 Jahre Burgenland 1961 suchte man eine größere Spielstätte und folgte der Anregung des Pöttschinger Bildhauers Karl Prantl (1923-2010), die Passion im Steinbruch St. Margarethen aufzuführen. Das imposante, seit der Antike als Steinbruch genutzte Gelände war Prantl nicht zuletzt auf Grund des von ihm mitbegründeten und erstmals 1959 durchgeführten „Symposions Europäischer Bildhauer“ vertraut. Der Wechsel auf die großzügig dimensionierte Freilichtbühne erwies sich als glückliche Fügung. Bei Tageslicht von hunderten aus allen Alters- und Berufsschichten kommenden Laienspieler:innen aufgeführt, erleben Besucher:innen eine theatrale Darstellung der biblischen Geschichte vom Leiden Christi unter freiem Himmel. Seit 1961 findet das Passionsspiel alle fünf Jahre statt. Text und Inszenierung erfahren immer wieder eine Erneuerung. Die für den Sommer 2021 geplanten Aufführungen mussten auf Grund der Corona-Verordnungen und -Auflagen abgesagt werden. Für die Aufführungen im Sommer 2022 wurde eine Neuinszenierung mit einem neuen Text erarbeitet, die erstmals auf der sogenannten Ruffini-Bühne, der kleineren der beiden Spielstätten im Steinbruch, gezeigt wurde. Die nächsten Aufführungen sind für 2026 geplant, dann wird auch das 100-Jahr-Jubiläum der Passionsspiele St. Margarethen gefeiert.  

Szene „das letzte Abendmahl“, Passionsspiele 2022